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Texte rund um die Hebammenarbeit | Das Babyheilbad

Brigitte Meissner, Hebamme und Craniosacral Therapeutin

Nicht nur dramatische Geburtsverläufe und Schwangerschaften, sondern auch sehr schnelle oder lange Geburten oder Trennungen können für Babys belastend sein. Solche Ereignisse belasten Mütter* und Kinder oft für lange Zeit. Dabei kann das von der Hebamme und Autorin Brigitte Meissner entwickelte Babyheilbad Mutter* und Kind oft helfen. Die Therapeutin beschreibt das Babyheilbad als Ritual, welches durch intensive Bindungsförderung mögliche Traumata zu heilen oder zumindest zu vermindern vermag.

Andere Bezeichnungen wie „Bondingbad“, „Traumabad“ oder „Geburtsbad“ benennen alle dieselbe von Frau Meissner empfohlene Simulation eines natürlichen Vorgangs: Das Baby wird direkt aus dem warmen Wasser heraus nackt und feucht auf die bloße Brust der Mutter* gelegt. Wie bei der natürlichen Geburt. Es ist ein therapeutisches Bad mit Tiefenwirkung. Denn die Mutter* bildet für das Kind die Basis des Urvertrauens, und mit der Nachstellung des von der Natur vorgegebenen Anfangs – nass und nackt in die zärtlichen Arme der Mama – kann auch im Nachhinein maßgeblich das Urvertrauen von erschütterten Kindern bzw. Babys gestärkt werden.

  • Hilfe auf körperlicher Ebene: Körperliche Spannungszustände behandelt man am besten mit körperlichen Lösungstechniken wie die Craniosacraltherapie oder Osteopathie.
  • Hilfe auf seelischer Ebene: In der Geburtsverarbeitung und Craniosacraltherapie zeigt sich immer wieder dasselbe Bild: Enttäuschte Mütter* leiden am meisten unter Schuld- oder Versagensgefühlen bezüglich der Geburt und oft unbewusst am verloren gegangenen emotionalen Kontakt zu ihrem Kind. Die Verarbeitung auf der seelischen Ebene ist am wirkungsvollsten, wenn Mutter* und Kind oder Eltern und Kind miteinander etwas Heilsames oder Liebevolles erleben. Ein Babyheilbad ist genau das.

Heilendes Bad zur Stärkung des Urvertrauens – die Grundidee

Zur Lösung hartnäckiger und therapieresistenter emotionaler Symptome sind seelisch wirksame Heilgesten wie das Babyheilbad (BHB), welches man auch Bindungsbad nennen kann, besonders empfehlenswert. Mit dem Babyheilbad wiederholen wir den natürlichen Bindungsprozess. Oder wir ermöglichen Ersatz für ein Ereignis, das nicht natürlich stattfinden konnte. Dadurch erhält ein Kind eine tiefe positive Unterstützung und Prägung für das Urvertrauen. Der Mutter* schenkt es die erneute Hinwendung zu ihrem Kind. Dieses intensive „Bindungsbad“, denn eigentlich geht es ja eher um das intensive Kuscheln mit der Mutter* nach dem Bad, schenkt dem Kind die Geburt bzw. das „Ankommen“ in dieser Welt neu, aber diesmal sanft und liebevoll.

Kurzes Interview:

Was genau geschieht bei einem Babyheilbad?

Das Kind wird ins nasse Element zurückgegeben und kommt unabgetrocknet und nackt zur Mutter*, so wie es unser innerstes Geburtsprogramm beinhaltet. Sie legt es an die Brust, dann werden die beiden zugedeckt und können eine ganz starke Hitze entwickeln, wie nach der Geburt. Ich bin davon überzeugt, dass auf dieser Ebene Heilung geschehen kann, denn bei diesem intensiven Kuscheln wird viel vom Liebeshormon Oxytocin ausgeschüttet. Und das kann dann die negativen Vernetzungen im Gehirn, die durch die Belastungen und Störungen entstanden sind, auflösen oder überschreiben. Das negativ belastete Geburtsprogramm kann neu geschrieben werden. Das Alte weicht dieser neuen Schönheit des Ankommens. Ich beziehe mich dabei auf meine Erfahrungen aus inzwischen tausenden Begleitungen von Mutter* und Kind, sei es als Hebamme oder als Therapeutin.

In welchen Situationen ist ein Babyheilbad hilfreich?

Ganz allgemein ist das Bad hilfreich, wenn die Geburts- oder Bindungszeit von Mutter* und Kind belastet war. Das kann eine positive Prägung für Mutter* und Kind bedeuten, weil so das zentrale Bindungsmoment „aus dem Wasser zur Mutter* auf die Erde“ für beide, in sanftem Rahmen, wiederholbar ist.

Was können Hebammen nach der Begleitung einer schwierigen Geburt tun?

Den Frauen* dieses zärtliche Bindungsbad einfach anbieten. Die Frauen* sind meist gern bereit, das zu machen, wenn sie erkennen, dass ihr Kind so belastende Lebensanfänge auflösen und in ein neues Urvertrauen finden kann – mit ihnen. Man kann ihnen gut erklären, wie sich Trauma oder Schrecken beim Kind nach einigen Anwendungen auflösen können.

Gibt es einen optimalen Zeitraum für das Babyheilbad?

Grundsätzlich gilt: je früher, desto besser, einfacher und konstruktiver. Es ist jedoch gut auch später noch möglich: Manche Mütter* wenden es mit drei Monate, elf Monate oder auch noch mit fünf Jahre alten Kindern an. Mit älteren Kindern habe ich in den letzten Jahren viele positive Erfahrungen gesammelt. Dies beschreibe ich detaillierter in meinem Buch „Emotionale Narben aus Schwangerschaft und Geburt auflösen“ und empfehle Müttern*, welche mit ihren älteren Kindern an solchen Geburtsbelastungen arbeiten wollen, die Lektüre desselben, um Zusammenhänge besser zu verstehen.

So gelingt das Babyheilbad mit Ihrem Baby

Schaffen Sie eine möglichst angenehme und geschützte Atmosphäre (keine dringenden Termine, keine Zuschauer) mit viel Zeit und Raum für Gefühle, die bei Mutter* und Kind aufkommen können. Die Mutter* liegt mit nacktem Oberkörper, zugedeckt mit einem großen, kuscheligen Badetuch, im Bett. Nun badet die Hebamme oder der Vater* das Baby einige Minuten, am besten in einer kleinen Wanne oder im Baby-Eimer gleich neben dem Bett. Als Badezusatz eignet sich Calendula-Bad mit Heilpflanzenauszügen besonders gut (ich empfehle aber auch gerne den Wildrosenbadezusatz), beide, um Verletzlichkeit, Schock oder Ohnmacht aufzulösen und um zu beruhigen.
Anschließend wird das Baby nass und nackt im direkten Hautkontakt auf den bloßen Oberkörper der Mutter* gelegt und beide werden mit dem Badetuch warm zugedeckt. Wir schenken durch dieses Ritual dem Kind die Geburt und das Bonding neu. Der Mutter* kann es helfen, sich mit der Geburt zu versöhnen. Lassen Sie Mutter* und Kind nun ausgiebig miteinander kuscheln. Falls das Kind noch saugen will, unterstützen Sie die Mutter* beim Anlegen. Dabei darf es auch bequem seitlich an die Mama gekuschelt liegen und an der Brust oder ein Fläschchen trinken. (Sinnvoll ist auch, kurz eine Windel dem Baby unterzulegen). Kinder zeigen beim Babyheilbad oft ein vermehrtes Saugbedürfnis. Diese sollen dabei unbedingt erfüllt und befriedigt werden. Wenn die Mutter* weint, legen wir einen Moment lang die Hand auf ihre Schulter, unterstützen Sie, aber lassen den Heilungsprozess zu. Wenig Worte – viel Herz.

Von Vorteil ist, das Heilbad mindestens viermal bis fünfmal (etwa in einem wöchentlichen Abstand) durchzuführen. Wenn es eine Frau* kennengelernt hat, kann sie es zu Hause selbst anwenden (auch öfter). Erfahrungswerte zeigen, dass dieses berührende Bindungsbad für ein Baby erst durch die mehrmaligen Wiederholungen sein ganzes therapeutisches Potential entfaltet. Typisch ist auch, dass viele Babys die ersten zwei Male vermehrt weinen – sie „erzählen“ ihre Geschichte und genießen dann jedes Mal etwas entspannter das heilsame Kuscheln mit der Mutter*. Stillprobleme lösen sich oft auf, und Kinder, die vorher keine Tiefenentspannung hinbekommen haben, können nach und nach loslassen und finden in einen tieferen Schlaf. Falls in der Klinik viel zu tun ist oder Hektik herrscht, kann das Babyheilbad auch noch an den Folgetagen der Geburt oder in der Nachsorge einige Tage später gemacht werden.

Brigitte Renate Meissner lebt in Winterthur, Schweiz. Sie ist Hebamme, Krankenschwester und Craniosacral Therapeutin mit eigener Praxis. Daneben hat sie mehrere Bücher mit dem Schwerpunkt Geburtsverarbeitung geschrieben und gibt Seminare für Fachpersonen rund um Mutter* und Kind. Auf ihrer Webseite finden Sie Merkblätter mit der Beschreibung für die Durchführung des Bindungsbades. Diese sind ausdrücklich erlaubt zum Runterladen und Verteilen. Siehe www.herzensfaden.com.

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