Texte rund um die Hebammenarbeit | In der Schwangerschaft ankommen
Karin Müller, Hebamme
Ich bin schwanger!
Diese Erkenntnis kann, auch wenn freudig ersehnt, für viele unerwartet eine große Bandbreite an Gefühlen auslösen, freudig, aufgeregt, verwirrt, überwältigt, „bang vor dem eigenen Mut“, wie es eine Frau einmal formulierte. Überraschend ist das ja eigentlich nicht, bleibt doch kein Lebensbereich von der neuen Situation ausgespart: Beruf, Partnerschaft, finanzielle Situation, Körperbild, Sexualität, Wohnsituation, Beziehung zu den eigenen Eltern u.v.m.
Gleichzeitig spüren Frauen* meist auch körperlich, dass die ersten Wochen eine „Zeit der Anpassung“ sind, manche weniger, manche mehr, von Müdigkeit bis zu völliger Erschöpfung, von Morgenübelkeit bis zu intensivem Erbrechen.
Sorgen Sie für sich, so gut es geht, legen Sie Pausen ein (auch in der Arbeit), notfalls auch in Form eines Krankenstandes. Allermeist kommt die Energie zurück, ganz erstaunlich, wenn die ersten drei Monate vorüber sind.
Für viele ist es nicht leicht, dass in dieser ersten Zeit, in der sie noch gar nicht richtig in der Schwangerschaft angekommen sind, bereits große Entscheidungen zu treffen sind: Welche Untersuchungen meines Kindes muss/soll/will ich machen lassen? Wo ist der beste Platz für unsere Geburt, welche Möglichkeiten gibt es überhaupt?
Viele würden erwarten, vom Arzt/von der Ärztin umfassend informiert zu werden, das passiert aber selten. Wir begegnen oft der Sorge, dass wichtige Schritte versäumt werden könnten, weil die Information gefehlt hat. Wir empfehlen Ihnen: Nehmen Sie frühzeitig Kontakt zu einer Hebamme auf - sie nimmt sich Zeit, Ihnen die verschiedenen Möglichkeiten zu erklären, dass Sie den für Sie passenden Weg – auch zeitgerecht – finden können. Im Hebammenzentrum ist dies kostenlos möglich, einfach telefonisch einen Termin vereinbaren, wir sind Familienberatungsstelle und können Beratungsgespräche in jeder Schwangerschaftswoche anbieten.
Eine erste, vielleicht noch niederschwelligere, Kontaktaufnahme zum Hebammenzentrum ist in unserem Infoabend 1 „Schwangerschaft“ möglich, hier geben wir einen Überblick über alle Themen, die erfahrungsgemäß mit einer Schwangerschaft auftauchen: körperliche und emotionale Veränderungen, Hilfestellungen bei typischen Schwangerschaftsbeschwerden, kurzer Überblick über pränataldiagnostische Untersuchungen, Sport und Ernährung in der Schwangerschaft, Hebammenleistungen etc.
Wohin zur Geburt?
Wichtig ist uns, dass Frauen*/Paare alle Möglichkeiten kennen, wo sie ihr Kind zur Welt bringen können, um für sich den besten Weg finden zu können. Die Spitalsgeburt ist sehr präsent, genauso sicher ist für gesunde Frauen* mit physiologischem Schwangerschaftsverlauf, die sich dabei sicher und wohl fühlen, die Geburt im Geburtshaus und die Hausgeburt – siehe hierzu auch unsere Übersicht „Wahl des Geburtsorts“. Je früher Sie ihre Hebamme/Ihr Hebammenteam kontaktieren, desto früher können Sie schon in der Schwangerschaft von Hebammenbegleitung profitieren. Einen Kostenüberblick finden Sie hier.
Grundsätzlich läuft die Anmeldung zur Geburt in einem öffentlichen Wiener Krankenhaus (auch im Fall einer geplanten Hausgeburt) seit einigen Jahren zentral über die Geburtsinfo Wien, hier können drei Wunschspitäler angegeben werden, ca. in der 22. SSW erfährt man, wo man einen Platz bekommen hat. In verschiedenen Spitälern gibt es auch kleine Kontingente an Plätzen für Frauen*, die sich direkt im Spital ihrer Wahl anmelden, hierfür muss man aber schon in den ersten Schwangerschaftswochen Kontakt mit der Klinik aufnehmen. Auch wenn Sie eine Geburt im Krankenhaus mit eigener Hebamme wünschen (was nur in bestimmten Häusern möglich ist), ist es notwendig, früh mit Hebammen Kontakt aufzunehmen, hier ist die Nachfrage deutlich größer als das Angebot.
Pränataldiagnostische Untersuchungen
Neben der Geburtsanmeldung ist das Thema Pränataldiagnostik eines, das Frauen* / Paaren schon im ersten Drittel begegnet und Entscheidungen abverlangt. Gemeint sind damit üblicherweise alle Untersuchungen des Ungeborenen, die über den Mutter-Kind-Pass hinausgehen, die Nackenfaltenmessung / Combined Test, NIP-Test (nichtinvasiver Pränataltest), Organscreening etc. Vorausschicken möchten wir: alle diese Untersuchungen sind freiwillig und in der Regel kostenpflichtig. Der Combined Test, möglich ca. in der 11.-14. Schwangerschaftswoche, kombiniert eine spezielle Ultraschalluntersuchung mit einer Blutabnahme der Frau* und zielt vor allem auf die Erkennung von Trisomien (z.B. Trisomie 21, Down-Syndrom) ab, Sie bekommen als Ergebnis allerdings nur eine Verhältniszahl (z.B. mit einer Wahrscheinlichkeit von 1:4096 besteht bei unserem Kind keine Trisomie). Beim NIP-Test handelt es sich um eine - relativ teure - Blutuntersuchung bei der Mutter*, die angeblich Trisomien mit einer Wahrscheinlichkeit bis zu 99% richtig erkennen kann. Das Organscreening ist ein zwischen der 20. und 24. Schwangerschaftswoche durchgeführter genauer Ultraschall, der auf die Erkennung von Fehlbildungen abzielt. Die meisten Kinder sind gesund und Eltern nach den Untersuchungen wieder ein Stück weit beruhigt, dass mit ihrem Kind alles in Ordnung ist. Bei Unklarheiten, Zweifeln, Fragen, zögern Sie bitte nicht, sich einen Beratungstermin – in Ihrem pränataldiagnostischen Zentrum oder bei uns im Hebammenzentrum oder anderen Familienberatungsstellen mit Schwerpunkt Schwangerschaft & Geburt - auszumachen!
Mutterschutz, Wochengeld, Papamonat & Co
Aus rechtlicher Sicht gilt das Mutterschutzgesetz - und damit Kündigungs- und Entlassungsschutz sowie Verbote bestimmter Arbeiten - ab Meldung der Schwangerschaft an den Arbeitgeber/ die Arbeitgeberin. Wird ein Papamonat nach der Geburt geplant, ist eine entsprechende Vorankündigung an den Arbeitgeber/ die Arbeitgeberin frühestens 4, spätestens 3 Monate vor dem errechneten Geburtstermin notwendig, damit der Kündigungs- und Entlassungsschutz gilt. Das Wochengeld wird zu Beginn des Mutterschutzes (8 Wochen vor dem errechneten Geburtstermin) beim zuständigen Krankenversicherungsträger beantragt. Eine eventuelle Vaterschaftsanerkennung (nicht notwendig bei verheirateten Paaren) ist schon in der Schwangerschaft möglich. Alles weitere - wie Antrag auf Familienzeitbonus, Obsorgeregelung, Elternkarenz, Kinderbetreuungsgeld etc. - kann erst nach der Geburt erledigt werden. Einen guten Überblick über sämtliche Amtswege rund um die Geburt erhalten Sie in unserer Elternberatung, entweder in Form einer Einzelberatung bei unserem Sozialarbeiter/ unserer Sozialarbeiterin oder als Gruppenberatung mit Sozialarbeiterin und Hebamme gemeinsam.
Unterstützungsangebote
Zuletzt möchten wir Sie noch auf folgende Angebote aufmerksam machen:
- In unseren Gruppen für Schwangere können Sie sich mit anderen Schwangeren austauschen, Fragen an unsere Hebamme stellen und auch gern Ihren Bauch abtasten und die Herztöne hören lassen.
- Für Frauen*/Paare mit zusätzlichen Belastungsfaktoren bieten wir seit Jahren unsere kostenlose Schwangerenbegleitung durch Hebammen, unser Pilotinnenprogramm an.
- Kostenlose Hebammenberatungen sind bei uns nach telefonischer Terminvereinbarung in jeder Schwangerschaftswoche möglich!
- Unterstützung können Sie sich auch in anderen Familienberatungsstellen mit Schwerpunkt Schwangerschaft holen! Eine Übersicht über die österreichischen Familienberatungsstellen finden Sie hier: www.familienberatung.gv.at
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