Texte rund um die Hebammenarbeit | Schwangerschaft
Regina Zsivkovits, Hebamme
Die schwangere Frau*, Ängste, Sorgen, Unsicherheiten - Die Hebamme, Aufmerksamkeit, Wissen, Berührungen
Wie sollte es möglich sein, neun Monate in reinstem Glück, freudigster Erwartung und unendlicher Gelassenheit zu verbringen?
Das schaffen wir, auch ohne schwanger zu sein, nicht.
Schwangere Frauen* fühlen sehr unterschiedlich, das Chaos in Kopf und Bauch ist normal.
Die körperlichen Veränderungen ab Beginn der Schwangerschaft bringen manche in Unsicherheit, andere zu großem Wohlbefinden. Der Körper ändert sich, ohne dass die Schwangerschaft schon erkennbar ist, dies lässt manche an ihrer Schönheit zweifeln. Andere fühlen sich fast ferngesteuert durch dieses Treiben in ihnen, die hormonellen Veränderungen, später auch das Eigenleben des Babys in ihrem Bauch. Da bewegt sich wer in ihnen, autonom und doch ganz nah, unbekannt und unbenannt. Jungen Frauen*, die sich diesen Zustand, selber noch fern von jeglicher Schwangerschaft, vorstellen, ist dies geradezu unheimlich.
Schwangerschaft kann nicht organisiert und durchgeplant werden. Sie wird gelebt, mit allem, was zum Leben gehört: Unsicherheit, Glücksmomente, Wissenslücken, Furcht, Vorstellungen, Sinnlichkeiten.
Oftmals dauert es bis in die Zeit des Mutterschutzes, um Zeit zu finden, sich der Schwangerschaft ganz hinzugeben. Die Beruflichkeit ist bis dahin dominant, dem Gefühl kann manchmal nur schwer Platz erlaubt werden. Sobald die Frau* dann „frei“ hat, eine Zeit, auf die sie sich meistens schon sehr freut, wird vorbereitet, organisiert und dann: gewartet. Diese Zeit der guten Hoffnung bringt sie in unterschiedliche Zustände: große Vorfreude, eine gewisse Leere, Unruhe vor der Geburt, die zu bewältigen ist. Dieses Auf und Ab der Befindlichkeit ist durchzustehen, es weicht dann einer Gelassenheit und der Hingabe ans Ungewisse.
Es ist großartig, wie sich die schwangeren Frauen* seit ewiger Zeit in diesen Zustand hineinfügen, sie wissen, dass einzig sie diese schwere Arbeit der Geburt machen können, dass sie es auch tun werden und dann aber nicht davonlaufen können. Sie wissen aber nicht, wann es passieren wird. Schon immer war dies ein einzigartiger Zustand, jedoch ist es in unserer verplanten Zeit eine besondere Herausforderung, sich dieser ungewissen, aber heftigen Aufgabe zu stellen. Da braucht es Menschen, die Sicherheit geben, Schutz bringen, Verständnis für die Unruhe haben. Die Väter* allein sind damit überfordert, sie stecken in ähnlichen Gefühlen, ohne die Gebärarbeit tun zu müssen. Was es für sie nicht einfacher macht, sind Männer* doch oft besser beim Zupacken als beim Abwarten. Vergessen Sie nicht auf Ihre besten Freundinnen, liebe Frauen* und Ihre Männergespräche, liebe Männer*.
Die Hebamme ist für das Reden da, das ist der bekannteste Teil unserer Betreuungsarbeit, für die Ängste und Sorgen. Ja, das stimmt. Jedoch nicht nur!
Sie weiß auch um die Körperlichkeiten und versucht daher, Ihnen den Ball wieder zuruckzuschupfen, dass Sie in Bewegung kommen. In den Wald hinaus bei hohem Blutdruck, weg vom Asphalt und den geraden Straßen, wenn der Bauch durchgehend sehr hart ist, die Hüften brauchen unebenen Boden, um in Bewegung zu kommen. Wie und wo können Sie entspannen? Jedoch reicht die Entspannung alleine nicht, Sie haben sehr viel Kraft in der Schwangerschaft, verwenden Sie diese nicht nur zum Lesen von Ratgebern, laufen Sie hinaus ins Grüne oder in den Schnee, treffen Sie sich mit anderen, dann ist das Ausruhen umso schöner.
Ängste und Sorgen gehören besprochen, damit ein Umgang mit ihnen möglich ist. Panik braucht Therapie. Den Unterschied brauchen Sie nicht selber herausfinden, die Hebamme erkennt ihn.
Die Hebamme ist ausgebildet, Ihnen medizinische Unterstützung zu geben. Sie betreut Sie auch in der Schwangerschaft, so wie später zur Geburt und im Wochenbett, mit all ihren fachlichen Kenntnissen und ihrer Umsicht.
Zuständig ist sie für die gesunde Schwangere, die Betreuung einer normal verlaufenden Schwangerschaft. Sie tastet das Kind, zeigt Ihnen, wie es liegt, wo auch Sie es finden können, beobachtet das Größenwachstum, hört die Herztöne. Um Stressfaktoren zeitgerecht erkennen zu können, kontrolliert sie den Harn auf Eiweißausscheidung, misst Ihren Blutdruck. Dies sind gute Grundlagen, um noch genauer nach Ihrer Befindlichkeit zu fragen. Mancher Stress ist unbewusst, zeigt sich jedoch an körperlichen Erscheinungen wie der Eiweißausscheidung. Dies bietet die Möglichkeit zur Erkenntnis und Veränderung. Oft genügen kleine Hinweise und konkrete Vorschläge, um diese Ergebnisse zu verändern.
Die größte Expertin für Ihren Zustand sind dennoch Sie selbst, daher ist es hilfreich, nach der eigenen Einschätzung und dem persönlichen Umgang mit besonderen Zuständen gefragt zu werden. Begeben Sie sich in hilfreiche Hände, die fragen und Ihrer Person Achtung geben und Unterstützung anbieten.